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Kinder und Atelier
Diskurse zur ästhetischen Praxis in der Elementarpädagogik

Kritzeln, Denken, Meinen

Sowohl die Zuspitzung „die Linie [...] ist selbst möglicherweise ein ›Denkmittel‹ zur ›Visualisierung‹ von Unstetigkeiten“ [1], als auch meine persönliche Beobachtung festigen die Überzeugung, dass Bezeichnungen wie Kritzel, Kritzeln, Gekritzel die kindliche Deutungsmacht eher marginalisieren als kennzeichnen, umfassen diese graphischen Aktivitäten doch weit komplexere Sinndimensionen:

  • Spur der eigenen unkontrollierten Bewegung
  • Index einer bewusst gesteuerten Bewegung
  • Markierung einer Vorstellung
  • Indiz eines Darstellungskonzepts
  • Visualisierung einer Vielheit wie Staub, Haare, Blätter etc.
  • Darstellung von etwas nicht Sichtbarem wie Lärm, Wind etc.
  • Bewegungen, welche dargestellte Elemente ausführen
  • Imitation von Schreibbewegungen
  • Anzeichen von Korrekturen
  • Möglichkeit des Verschwinden-Lassens (von Motiven oder Teilen davon)
  • Wunsch des Ungeschehen-Machens (eines Erlebnisses, welches Anlass der Darstellung war)

  

Jaqueline Baum und Ruth Kunz distanzieren sich beispielsweise gänzlich von Wendungen wie „Kritzeln“, „Kritzelei“, „Kritzelphase“ oder ähnlichen Bezeichnungen. Die beiden Autorinnen begründen ihren Schritt mit der negativ anmutenden Konnotation der genannten Begrifflichkeit:
„Wir vermeiden den tradierten Ausdruck «Kritzelei», weil in diesem Wort immer der mit seinem alltagssprachlichen Gebrauch verbundene pejorative – die mentale und ästhetische Leistung mindernde – Beiklang mitschwingt“ [2].