Basteln
Zur Rehabilitation eines zu Unrecht denunzierten Begriffs
Basteln, als Bezeichnung für eine kindlich-werkschaffende Aktivität, wird – tendenziell – dem elementarpädagogischen Diskurs entzogen. Abgesehen von jener Bedeutung, die bis heute die Tätigkeit eines Nicht-Profis meint, führt basteln im nachstehenden Sinne zu ästhetischen Erfahrungen [1], welche das menschliche Individuum erst befähigen, sich und seine Welt zu ordnen – also grundlegende Orientierungs- wie auch Ordnungssysteme aufzubauen –, um daraus Begriffe bilden zu können.
Wissentlich kleingeredet oder aus Unkenntnis seiner Bedeutung wird der Begriff basteln im Allgemeinen für jene – in diesem Kontext kindliche – Aktivitäten verwendet, welche nach Anleitungen durch sogenannte Bastelbögen erfolgen und zu einem – von wem auch immer – gewünschten Erfolg oder Ergebnis führen [2].
Etymologie
- Spätmittelhochdeutsch (bayrisch) pästlen: Handwerkerarbeit verrichten, ohne in einer Zunft zu sein, vielleicht zu mittelhochdeutsch, althochdeutsch besten = binden, schnüren, zu Bast [3].
- Spielerisch etwas zusammenbauen: Der Ausdruck kam im 15. Jh. über das gleichbedeutende bästeln in Gebrauch. Die vollständige Etymologie ist ungeklärt, wahrscheinlich leitet er sich aus mhd. besten = zuknoten, festbinden ab. Im Mittelalter war damit auch die Handwerksarbeit von Laien oder Handwerkern ohne Zunftzugehörigkeit gemeint [4].
- Basln, bϙsln, basdln, basteln: kleine Arbeiten zum Zeitvertreib, tändelnd, ohne Eile verrichten. Basln, bϙsln (altwienerisch), etymologisch von mhd. bôȝeln: schlagen, klopfen [5].
Wildes Denken
„Während der moderne Mensch vor die Synthese die Analyse stellt, begegnet das wilde Denken seinen Aufgaben mit einer Technik, die C. Levi-Strauss ´Bricolage´ nennt. Bezeichnend für diese Art des Denkens ist die Fähigkeit, mit Elementen umzugehen, die jeweils für den besonderen Fall umfunktioniert werden müssen.
Im Gegensatz zum technischen Denken [...] werden nicht Elemente analytisch gewonnen, die sich in idealer Weise für einen bestimmten Vorgang eignen, sondern es werden die vorhandenen komplexen Elemente flexibler Klassen dafür verwendet.
Innerhalb eines kombinatorischen Vorgangs sucht das wilde Denken nicht nach den idealen Aufbauteilen, die es für einen Komplex benötigt, sondern greift in den Fundus des Vorhandenen“ [6].
Bricolage
„Bricoles sind in der französischen Umgangssprache Nebensächlichkeiten, eher unwichtige Kleinigkeiten, und das Verb bricoler bedeutet ´basteln´; von daher bricolage in der Bedeutung ´Basteln, Heimwerken, auf eigene Faust kleinere Reparaturen ausführen´.
Der französische strukturalistische Anthropologe Claude Lévi-Strauss hat Bricoleur als Gegenbegriff zum Ingenieur verwendet, um damit zwei unterschiedliche Denkansätze im Umgang mit Natur, Kultur und Mythos zu kennzeichnen: Während der Ingenieur planmäßig und rational an seine Arbeit geht und die richtigen Spezialwerkzeuge einsetzt, nimmt der Bricoleur-Bastler alles, was ihm irgendwie zuhanden ist, um es zu seinen Zwecken als Werkzeug umzufunktionieren und einzusetzen, ohne sich um die Verwendung, die den Teilen eigentlich zugedacht war, zu scheren. Seine Produktionsmethode ist auch nicht massenmediale Vervielfältigung, sondern besteht aus phantasievoller Improvisation, kreativer Behelfsmäßigkeit, eklektischer Resteverwertung von Angesammeltem (Abfall-Ästhetik) und Herstellung von Unikaten aus Präexistentem. [...]“ [7]