Formen der Interaktion
Im Zeitraum von April bis Juni 2011, in dem Kinder aus den unterschiedlichen Departements des Übungskindergartens das Atelier besuchen, kristallisiert sich binnen kurzem eine Kerngruppe von drei bis vier Kindern heraus. Zwischen den permanenten und den wechselnden Besucherinnen und Besuchern entsteht – jedes Mal aufs Neue – eine individuelle Gruppensozietät und ein markant interaktives Verhältnis.
Auffällig ist, dass sich zwar für Gespräche Konstellationen aus mehreren Kindern bilden, an der Darstellung selbst jedoch höchstens zwei Kinder gemeinsam beteiligt sind. Bei einer Gruppierung aus drei Kindern ist das dritte Kind beratend tätig, schaut zu oder fragt nach. Es bringt sich nur verbal in den Verlauf der Darstellung ein, nicht aber darstellend.
Die Besuchsgruppe von Oktober 2011 bis Juni 2012 setzt sich aus tendenziell jüngeren Kindern eines Departments zusammen. Sie wird sowohl im Kindergarten, als auch im Atelier von derselben Pädagogin begleitet. Die Gründe für die Auswahl der Kinder aus einer Abteilung liegen einerseits in der Gewährleistung einer gewissen Kontinuität hinsichtlich der pädagogischen Begleitung, und andererseits in der Frage nach möglichen Ähnlichkeiten bzw. Unterschieden zwischen werkschaffenden Aktivitäten aus dem Kindergarten und dem Atelier.
Auch in dieser Formation bildet sich schnell ein sogenanntes Stammteam, welches regelmäßig das Atelier besucht. Konstellationen ergeben sich fast ausschließlich aufgrund nationaler Zugehörigkeit und der Möglichkeit in der Erstsprache zu kommunizieren. Eine einzige Sequenz aus diesem Beobachtungszeitraum zeigt eine Gruppe von fünf Kindern aus drei Nationen an der Schultafel, wobei auch hier muttersprachlich untereinender kommuniziert wird, mit den jeweils anderen, wenn, gestisch.
Beobachtungen aus beiden Zeiträumen zeigen, dass manche Kinder nie sichtbar eine Zusammenarbeit anstreben oder eingehen wollen, andere wiederum sowohl die Gemeinschaft suchen, als auch alleine arbeiten. Wahrnehmbare Entscheidungen für eine künftige Zusammenarbeit werden durch die Hinwendung eines oder mehrere Kinder zu einer Station im Atelier sichtbar, wie beispielsweise zur Schultafel, zum Whiteboard, zur Staffelei oder zum Tisch, wobei der Beschluss einer Kooperation mit „ich auch!“ quittiert wird, ebenso die Wahl der Formatgröße, des spurgebenden Materials oder einer bestimmten Farbenart.
Fragen danach, ob die erwähnten Interaktionen zwischen den Kindern durch einen bedeutenden sozialen Kontext, wie Verwandtnschaftsverhältnis, Freundschaft aus der Kindergartengruppe, Schule oder Klasse vorgeprägt, oder inwieweit das Interesse für das jeweils andere Geschlecht ausschlaggebend sind, bleiben offen.
Zu Beginn des eigentlichen Zeichen- oder Malprozesses präsentieren sich folgende, klar zu unterscheidende, Formen der Interaktion:
Singuläre Szenen
Szenen mit assoziativem Charakter (im Sinne von: verknüpfend)
Szenen mit kooperativen Charakter (im Sinne von: mitarbeitend)
Szenen mit korrelativen Charakter (im Sinne von: alle Beteiligten betreffend)